Ins Theater mit Tina

Das Leben in einer multi-kulti Stadt wie Köln hat viele Vorteile. Eins davon ist die Möglichkeit, jederzeit in einer der vielen unterschiedlichen Kulturen einzutauchen, die in der Stadt vertreten sind. Ein Beispiel dieser Vielfalt zeigte uns Hristina Ninova, die ihre Spanischkenntnisse auf ungewöhnliche Art und Weise erweitert, nämlich indem sie in einem spanischsprachigen Theaterstück spielt. Tina erzählte uns über eine ungewöhnliche Erfahrung, über die Sprache des Körpers und über die Bedeutung der Improvisation, sowohl im Theater als auch im Leben.

Wie bist Du auf die Idee gekommen, bei einem spanischsprachigen Theaterstück mitzumachen?
Alles begann mit der Suche nach einer Möglichkeit, mein Spanisch zu üben. Spanisch habe ich in Spanien während eines Erasmus-Jahres gelernt. Dort habe ich auch mein Exfreund kennengelernt. Nach der Trennung habe ich Spanisch nicht mehr täglich gesprochen und vermisst. So begann ich nach einer Möglichkeit zu suchen, meine Spanischkenntnisse aufzufrischen. Ich wollte jedoch keinen klassischen Sprachkurs, sondern etwas Alternatives. Außerdem war ich ebenfalls auf der Suche nach einem neuen Hobby sowie nach neuen Bekanntschaften. Und wo auch sonst, wenn nicht auf Facebook könnte ich auf eine spannende Alternative stoßen! Dort geriet ich auf der Seite des Mehrsprachentheaters Köln. Die Theaterschule bot unter anderem einen Anfängerkurs an, wo man die Theaterkunst kennenlernen konnte, um herauszufinden, ob das Theater was für einen ist oder eben nicht. Die Idee ist eine Fremdsprache zu üben und zu lernen, jedoch in einer ungewöhnlichen Umgebung.

Hattest Du davor was mit dem Theater zu tun?
Ich liebe es, ins Theater zu gehen, jedoch habe ich nie daran gedacht, dass ich selbst auf der Bühne landen könnte.

War es nicht eine zu große Herausforderung? Eine neue Aufgabe und dann auch noch auf einer Fremdsprache.
Es könnte zu einer Herausforderung werden, wenn man die Sprache nicht gut kann. Wenn man ständig nachdenken müsste, ob man das richtige Wort benutzt oder ob die Aussprache stimmt, dann würde man den Kontakt mit dem, was auf der Bühne passiert, verlieren.



Aus welchen Ländern kommen Deine Kollegen?

50% sind Spanier, ungefähr in meinem Alter, also junge Leute (Tina lacht, Anm. d. Red.), um die 35. Der Rest sind Lateinamerikaner, zwei Mädels aus Mexiko, eine Kolumbianerin, ein Paraguayer. Eigentlich ein Brasilianer und ich sind die einzigen nicht Muttersprachler.

Zählt der Brasilianer überhaupt?
(Tina lacht, Anm. d. Red) Da er lange in Spanien gelebt hat, ist sein Spanisch sehr gut. Das Spannende ist, dass die Chemie zwischen allen Kursteilnehmern vom Anfang an stimmte und ich fühlte mich sofort am richtigen Ort.

Ins Theater mit Tina

Wie haben die anderen darauf reagiert, dass Du Bulgarin bist? Gab es interessante Reaktionen oder Kommentare?

Diesmal war ich die Exotin! Sie waren auf jeden Fall neugierig, was hat eine Bulgarin in einem Theaterkurs auf Spanisch verschlagen. Ich habe einige Bemerkungen gehört, dass wir, die Bulgaren, viele Sprachen können und zwar sehr gut. Alle waren neugierig.

Würdest Du sagen, dass es eine Verbindung zwischen der Sprache, die wir sprechen und der sogenannten Körpersprache gibt? Würdest Du anders spielen, wenn das Theaterstück auf eine andere Sprache wäre, zum Beispiel auf Bulgarisch oder auf Deutsch? Oft diktiert die Sprache sogar unsere Gesten.
Ein Großteil der Vorbereitung des Theaterstücks ist der Entwicklung unserer Rolle gewidmet, der sogenannten „Transformation“. Wir üben und entwickeln unsere Charaktere und spielen ihre Gesten, die Art wie sie sitzen, gehen und sprechen. Ich habe bis jetzt nicht den Eindruck gehabt, dass die Sprache Einfluss auf diesen Prozess hat. Vielleicht kommt das daher, dass wir seit langem im Ausland leben und uns irgendwie angepasst haben. Gesten und Redearten verschmelzen. Wir verlieren die Vorstellung, was „typisch“ in Bezug auf eine bestimmte Kultur ist.

Welche ist die größte Herausforderung für Dich in diesem Projekt?
Vom Anfang an und immer noch ist die größte Herausforderung die Improvisation. Ich bin jemand, der gerne plant. Und auf einmal hat sich herausgestellt, dass man auf der Bühne am besten improvisieren sollte, ohne nachzudenken, einfach nur sein. In solchen Momenten entstehen die besten Reaktionen, eben durch die Spontaneität. Es kostet mich Anstrengung loszulassen und mich treiben zu lassen.

Erzähl uns über das Theaterstück.
Die Idee war, dass wir ein Thema zu wählen, das uns alle interessiert und von diesem Thema ausgehend – auch das Theaterstück. Die Suche dauerte viele Wochen, schließlich haben wir uns für das Thema Angst entschieden – ein Thema, das jeden beschäftigt. Daraufhin fand unsere Regisseurin das Theaterstück von Federico Polleri, ein Argentinier. Es ist ganz neu, letztes Jahr das erste Mal aufgeführt. Es ist poetisch, abstrakt, ein Spiegel der heutigen Gesellschaft. Man muss sich von einer linearen Erzählweise abstrahieren. Realität und Absurd verschmelzen. So viele aktuelle Themen werden gleichzeitig angesprochen, dass man am besten mehrmals ins Theater gehen sollte. Am Anfang und am Ende spielen wir mit unseren eigenen Ängsten und wollen auch mit dem Publikum interagieren.

¡No maten al pianista! (Bringen Sie den Klavierspieler nicht um! Anm. d. Red.) wird am 08.12, 13.12. und 14.12. im Studio 11 in Köln aufgeführt. Für weitere Informationen: www.theatro-koeln.de

Produktion: © 2019 ASPEKTA
Text: Pavla Ralcheva
Fotograf: Vladislav Terziev

Pavla Ralcheva
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